Seinen 80. Geburtstag begeht Paul Schockemöhle in Paul-Schockemöhle-Manier. Keine große Feier, keine Würdigungen, keine pompösen Geschenke – Paul Schockemöhle wird am Samstagmorgen in ein Flugzeug steigen und nach Florida reisen.
Doch fliegt der einstige Erfolgs-Reiter, Züchter, Veranstalter und Multi-Unternehmer nicht in den Sunshine State, um am Strand zu sitzen und über die vergangenen acht Jahrzehnte zu sinnieren. Er wird bei Turnieren in Ocala und Wellington sein und Kunden besuchen. Geschäfte halt. Typisch.
„Das ist ja grundsätzlich keine Errungenschaft. Ich habe Glück gehabt, so alt zu werden“, wiederholt Schockemöhle, was er zum Älterwerden zu sagen pflegt. Diesmal fügt er hinzu. „Das ist aber natürlich schon besser als die Alternative, das gebe ich offen zu.“
„Als Geschäftsmann ist Paul Schockemöhle knallhart“
Schockemöhle ist einer der wichtigsten Figuren im deutschen und internationalen Pferdesport der vergangenen fünf Jahrzehnte. Zugleich ist er eine der am meisten diskutierten Persönlichkeiten.
„Als Mensch ist er einzigartig. Als Geschäftsmann ist er knallhart. Aber wenn jemand Hilfe braucht, hat er ein großes Herz und ist immer da, um zu helfen in allen Bereichen“, sagt Springreit-Bundestrainer Otto Becker, der für Schockemöhles Turnierstall einst geritten ist. Schockemöhle habe „eine Ära geprägt“.
Seine Erfolge als Springreiter, als Stallbesitzer, Züchter und als Multi-Unternehmer hat er sich hart erarbeitet. Aufgewachsen ist der Sohn eines Landwirts mit seinen Brüdern Alwin (87) und dem 2000 im Alter von 60 Jahren gestorbenen Werner Schockemöhle auf einem Hof im Landkreis Vechta.
Seine Erfolge im Parcours und abseits des Sports sind beeindruckend: Als Springreiter gewann er olympisches Silber 1976 und Bronze 1984 jeweils mit der Mannschaft, 1982 kam WM-Platz zwei mit dem Team hinzu. Einmalig bislang: Er gewann 1981, 1983 und 1985 dreimal nacheinander den EM-Titel jeweils mit seinem Hannoveraner Wallach Deister.
Nebenbei baute er sich eine Existenz als Unternehmer auf. Er begann mit Geflügel-Handel, gründete eine der größten Speditionen in Deutschland, war erfolgreicher Turnier-Veranstalter. In seinem Turnierstall formte er Ludger Beerbaum, Franke Sloothaak, Otto Becker und Meredith Michaels-Beerbaum zu Weltklasse-Reitern.
In der Zucht ist sein Gut Lewitz in Mecklenburg wegweisend – und für ihn mittlerweile eines seiner Hauptbetätigungsfelder. Circa 7000 Pferde besitzt er. „In Gut Lewitz hat er sich einen Traum verwirklicht“, sagt Becker. „Ich finde, wir haben es ohnehin schon schwer, ein gutes Pferd zu finden, aber ohne Paul und seine Zucht in Deutschland wäre es noch schwieriger.“
Doch hat Schockemöhle auch Arbeit abgegeben und Geschäftsführer eingesetzt. Und einen Schwung an Firmen und Beteiligungen habe er verkauft, „weil ich da keine richtige Nachfolge gefunden habe“.
Nach Barr-Affäre kämpfte Schockemöhle um sein Lebenswerk
Sein Name ist aber auch untrennbar verbunden mit der Barr-Affäre 1990. Ihm wurde Tierquälerei vorgeworfen, eine gesamte Sportart geriet in Verruf. Anders als viele Funktionäre duckte sich Schockemöhle nicht weg, trat im „Sportstudio“ auf. „Er hat damals um sein Lebenswerk gekämpft und hat sich gestellt“, sagt Becker.
Für Aufmerksamkeit sorgte er auch mit dem des als Dressur-Wunderpferd verklärten Totilas 2010 für kolportierte zehn Millionen Euro. Im Sport war der Hengst unter Matthias Alexander Rath nicht so erfolgreich wie unter dessen niederländischen Reiter Edward Gal zuvor. Doch in der Zucht brachte der 2020 gestorbene Totilas einiges.
Alles macht Schockemöhle nicht mehr. 2024 in Paris war er erstmals nach elf Olympischen Spielen als Tourist dabei. Beim ersten Mal 1968 in Mexiko arbeitete er als Pfleger für seinen Bruder Alwin. Eine Art Erweckungserlebnis. Danach wurde aus dem Hobbyreiter ein Turnierreiter. Nach seiner Karriere war er oft für Equipen aus aller Welt als Trainer und Betreuer dabei.
Rustikal und bodenständig ohne jede Neureichen-Attitüde
Auch für Paris hatte er mehrere Angebote. „Ich habe aber nicht mehr die Lust, in dem Alter dann auf dem Abfahrtplatz zu stehen und die Stange aufzuheben“, sagt Schockemöhle. „Irgendwann ist dann mal auch Schluss.“
Schockemöhle ist über die Jahre sehr vermögend geworden. Doch ist er keiner, der das nach außen trägt. Er kommt rustikal und bodenständig daher ohne jede Neureichen-Attitüde. Für ihn wird vieles noch mit Handschlag geregelt. „Wenn man irgendwann mal was abgemacht hat, dann hat man sich daranzuhalten, auch wenn das Geld kostet“, sagt Schockemöhle. „Das Wort sollte immer noch mehr wert sein als Geld. Das ist meine Auffassung grundsätzlich.“
Zu seinen Redewendungen gehört auch: „Ich bin ja nur ein kleiner Bauer aus Südoldenburg.“ Dass er an einem Strand auf einer Liege sitzt mit Cocktail und Sonnenhut – für Schockemöhle undenkbar.
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