München ist derzeit das Mekka der Baubranche. Rund eine halbe Million Besucher drängen im Verlauf dieser Woche auf das Messegelände der bayerischen Landeshauptstadt, um sich auf der weltgrößten Baumaschinenmesse Bauma die neusten Bagger, Kräne, Planierraupen, und Rüttelplatten anzuschauen. Die Stimmung bei den Ausstellern aus Deutschland schwankt dabei zwischen Optimismus und Katastrophe.

Denn einerseits hoffen die Unternehmen auf gute Geschäfte durch die angekündigten Multi-Milliarden-Investitionen der möglichen neuen Bundesregierung in Infrastrukturprojekte. „Im Markt ist neue Zuversicht entstanden“, berichtet zum Beispiel Alexander Greschner, der Vertriebsvorstand des im S-Dax börsennotierten Kompaktmaschinenherstellers Wacker Neuson Group aus München.

„Maschinen-Vermieter signalisieren bereits Interesse an neuer Ausrüstung.“ Nun hofft Greschner, dass die Politik schnell ist und noch bis Jahresende erste Ausschreibungen und Projekte auf den Weg gebracht werden.

Andererseits herrscht Entsetzen wegen der Zölle, die US-Präsident Donald Trump für Importe aus aller Welt angekündigt hat. 20 Prozent soll vorerst der Aufschlag für Lieferungen aus der Europäischen Union (EU) betragen, also auch für Baumaschinen aus Deutschland.

Für die Branche ist das ein schwerer Schlag. Denn die USA sind der neben Frankreich der größte Auslandsmarkt für die heimischen Hersteller, meldet der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Alleine zehn Prozent der Exporte entfallen demnach auf das Amerika-Geschäft.

Zwar haben einige Hersteller eigene Werke in den USA. Meist handelt es sich aber um kleine Produktionsstätten, die noch dazu immer nur ausgewählte Produktbereiche abdecken. Branchenriese Liebherr zum Beispiel, der in Übersee auf alleine 2,5 Milliarden Euro Umsatz kommt, fertigt vor Ort hauptsächlich Mining-Ausrüstung.

Bagger, Kräne, Betontechnik und Tiefbau-Equipment dagegen werden aus Europa dorthin geliefert. Und das Familienunternehmen hat zuletzt vorgesorgt und schon seit Beginn der Amtszeit Trump nach und nach zusätzliche Ware in die USA verschifft, berichtet ein Sprecher. „Wir haben die Lager voll gemacht.“

Ähnlich ist es bei Wacker Neuson. „Wir haben zuletzt noch so viel auf den Weg nach Amerika gebracht wie möglich“, sagt Vorstandschef Karl Tragl im WELT-Gespräch auf der Bauma. In sämtlichen Produktkategorien werde ein zusätzlicher Lagerbestand aufgebaut.

„Das sollte uns über die kommenden drei bis vier Monate hinwegbringen.“ Auf rund 100 Millionen Euro beziffert Tragl das Exportvolumen von in Deutschland, Österreich und China hergestellten Baggern, Radladern, Dumpern, Verdichtungsgeräten und Pumpen von Wacker Neuson in Richtung USA im Jahr 2024. „Das ist ein durchaus beherrschbarer Betrag“, ordnet der Manager ein. Aber natürlich werde es trotzdem spürbare gesamtwirtschaftliche Auswirkungen geben, sollte das Zoll-Szenario dauerhaft bleiben.

Preiserhöhungen in voller Höhe der Zollsätze sind daher die wahrscheinlichste Reaktion für neue Lieferungen. Zumindest, wenn es kaum lokale Konkurrenz gibt, was bei Wacker Neuson zum Beispiel für Dumper gilt. Aber, auch wenn lokaler Wettbewerb vorhanden ist, droht laut Tragl zunächst kein Preisunterschied in voller Höhe der 20-Zoll-Prozente.

„Auch die amerikanischen Hersteller brauchen Stahl und Komponenten – und beides wird durch die Zölle teurer“, erklärt der Manager, dessen Unternehmen auch eigene Kapazitäten in den USA unterhält, etwa eine Produktion für Walzen, Kompaktlader und Baugeräte.

Zudem hat Wacker Neuson vor drei Jahren eine strategische Kooperation mit dem US-Konzern John Deere geschlossen. Im Zuge dessen werden Mini- und Kompakt-Bagger in den USA speziell für diesen Kunden vor Ort gefertigt, der sie dann unter eigenem Namen und über ein eigenes Händlernetz vertreibt.

Tatsächlich sind die Lieferketten für die Hersteller von Baumaschinen global und im Vergleich zu anderen Industriezweigen vergleichsweise begrenzt. Relevante Anbieter etwa von Hydraulikkomponenten gibt es nach Aussage von Experten weltweit nur eine Handvoll.

Also werde die Produktion auch für die lokalen Anbieter in den USA teurer durch die Zölle. Zudem wird damit gerechnet, dass die US-Anbieter den sich ergebenden Spielraum nutzen werden, um selbst die Preise zu erhöhen, so dass der Unterschied zur ausländischen Konkurrenz nicht mehr allzu groß ausfallen dürfte.

Baumaschinen-Importe spielen für die USA eine große Rolle. Auf rund 19 Milliarden US-Dollar wird deren Wert im insgesamt 45 Milliarden Dollar großen Markt für 2024 geschätzt. Und das ist schon merklich weniger als noch ein Jahr zuvor und liegt zudem auch knapp unter den 2022er-Zahlen.

„Viele Unternehmen hatten nach der Verabschiedung des Infrastructure Development and Jobs Act in den Jahren 2022 und 2023 bereits kräftig investiert. Nun scheinen sie die wichtigsten Anschaffungen getätigt zu haben“, heißt es von Germany Trade & Invest (GTAI), der Außenwirtschaftsagentur des Bundes.

In diesen beiden Jahren hatte es wie zuvor auch 2021 einen sprunghaften Anstieg der Einfuhren gegeben. Wichtigste Lieferländer sind dabei Japan vor China und Deutschland. Für die Periode bis 2029 wird von GTAI eigentlich ein jährliches Marktwachstum in Höhe von vier Prozent vorhergesagt. Diese Zahl stammt allerdings noch aus einer Zeit vor den jüngsten Zoll-Entwicklungen.

Die deutschen Hersteller sind auf solche Märkte angewiesen. Nicht nur, dass ohnehin drei Viertel der deutschen Produktion laut VDMA ins Ausland verkauft werden, die Entwicklung im Heimatmarkt war zuletzt auch noch besonders schwierig.

In Deutschland ist der Baumaschinenmarkt stark eingebrochen

Um 31 Prozent ist das Baumaschinen-Geschäft in Deutschland 2024 eingebrochen, meldet der Verband. Das war der stärkste Rückgang seit dem Finanzkrisenjahr 2009. Aber auch in vielen Auslandsmärkten war die Entwicklung vergleichsweise schwach, sodass unter dem Strich ein Minus von real 21 Prozent auf noch 12,9 Milliarden Euro Umsatz steht.

„Wir können nur immer wieder an die Politik in Deutschland und Europa appellieren, endlich Entbürokratisierungs- und Deregulierungsmaßnahmen auf den Weg zu bringen“, sagt Joachim Schmid, der Geschäftsführer des Fachverbands Baumaschinen und Baustoffanlagen im VDMA.

Zwar komme die Branche aus zwei Rekordjahren. „Die Firmen sind dement-sprechend gut aufgestellt. Aber natürlich brauchen wir nun wieder einen Aufschwung.“ Die Ankündigung der Sondervermögen für das Thema Infrastruktur sei in der Branche gut aufgenommen worden.

Euphorie herrsche aber bislang nicht. „Die Politik muss jetzt auch liefern.“ Für 2025 hofft der VDMA auf ein Erlösplus von fünf Prozent für die deutschen Hersteller. Den Schwung dafür soll unter anderem die alle drei Jahre stattfindende Bauma bringen.

Carsten Dierig ist Wirtschaftsredakteur in Düsseldorf. Er berichtet über Handel und Konsumgüter, Maschinenbau und die Stahlindustrie sowie über Recycling und Mittelstandsunternehmen.

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