Der Trade von Luka Doncic zu den Los Angeles Lakers sendet Schockwellen durch die NBA - und stellt die am Abend beginnenden Playoffs auf den Kopf. Donic lässt zuvor sogar Michael Jordan alt aussehen, im Finale könnte auf die Lakers ein alter Rivale warten.

Zum ersten Mal kehrt der Weltstar zurück. Muss gegen seine alte Liebe antreten. Gegen den Verein, bei dem er so unglaublich erfolgreich war, den einzigen seiner illustren NBA-Karriere. Der Basketballer ist sichtlich angefasst, die Fans haben ihn nicht vergessen und bereiten ihm einen herzlichen Empfang. Anschließend ist es vorbei mit der Konzentration, er erzielt lediglich 16 Punkte und leistet sich gleich neun Ballverluste.

Es ist der 19. Januar 2002 und der zurückkehrende Star heißt Michael Jordan, der wohl beste Basketballer aller Zeiten. Zum ersten Mal dribbelt Jordan nach seinem Comeback nach dreijähriger NBA-Abstinenz mit seinem neuen Team, den Washington Wizards, im legendären United Center in Chicago auf. Dem Ort, an dem die Ikone mit den Bulls in den 1990er-Jahren sechs Meistertitel gewann.

Eine ähnliche Situation, aber ein ganz anderes Comeback, erlebt vor einer guten Woche Luka Doncic. Der Slowene, der 2018 als Teenager nach Dallas kommt, wird nach Dirk Nowitzki zum zweiten europäischen Liebling in Texas. Führt die Mavericks 2024 in das erste NBA-Finale seit dem Titelgewinn 2011 mit dem großen Deutschen. Dallas liebt Doncic und andersherum. Der Superstar-Aufbauspieler will genau wie Nowitzki seine gesamte Karriere in Dallas verbringen und der Franchise die zweite Meisterschaft der Mavs-Historie schenken. Doch nach sechseinhalb Jahren folgt der große Schock.

"What the fuck?": Trade schockt Mavs-Stars

In einer Nacht Anfang Februar fliegt alles auseinander. Die Mavs schicken ihren Megastar, eines der Gesichter der Liga, zu den Los Angeles Lakers. Im Tausch für den alternden und verletzungsanfälligen Anthony Davis. Es ist ein Tausch mit seismischem Ausmaß. Ein Erdbeben, das der gesamten NBA einen Schock versetzt, weil niemand verstehen kann, wie man den Ausnahmespieler Doncic abgeben kann. "What the fuck?" ("Was zum Teufel?"), hallt es durch den Hotel-Korridor der Mavericks-Profis, die sich gerade bei einem Auswärtsspiel in Cleveland befinden. Etliche NBA-Experten sprechen vom "schockierendsten Trade aller Zeiten".

Zwei Monate später steht Doncic wieder im American Airlines Center auf dem Parket, erstmals nicht im Trikot der Mavericks. Wie bei Jordan wird er schon vor dem Spiel mit Liebe von allen Seiten überschüttet. Love Bombing ist nichts dagegen.

Als direkt vor dem Anpfiff ein mehrere Minuten andauerndes Tributfilmchen auf dem überdimensionalen Videowürfel in der Halle gezeigt wird, muss Doncic sich setzen. Er bittet sofort um ein Handtuch. Er weiß, was jetzt kommt. Jeder in der Halle und am Bildschirm weiß es auch. Es ist der schwierigste Moment in der noch jungen Karriere des Superstars.

Doncic kämpft zunächst dagegen an und versteckt sich unter dem Handtuch, doch ihm schießen die Tränen in die Augen. Dann lässt er die Emotionen zu, seine Unterlippe zittert, während seine glasigen Augen das Video mit seinen Highlights in Dallas betrachten. Fans auf den Rängen weinen. Dirk Nowitzki steht und applaudiert.

Doncic besiegt seine Tränen

Wann haben Sie, wehrte Leserinnen und Leser, das letzte Mal in der Öffentlichkeit, vor einem Millionenpublikum gar, geweint? Und mussten Sekunden später in ihrem Job eine unglaubliche Drucksituation meistern? Doncic schafft, was die wenigsten schaffen würden. Was Jordan nicht schaffte. Er wischt sich die Tränen aus dem Gesicht - und führt seine Lakers in einem wichtigen Spiel, bei dem es um die Playoffs-Ränge geht, mit 45 Punkten, acht Rebounds, sechs Assists und vier Steals zum Sieg über die Mavs.

Die Emotionen auf diese Art zu meistern und in Energie für die Partie umzumünzen, das war vielleicht die größte Leistung, die Doncic jemals auf dem Basketballfeld abgerufen hat. Klar, Jordan ist bei seiner Rückkehr nach Chicago schon 39 Jahre alt und Doncic erst 25, doch die Bulls-Legende gilt seine gesamte Karriere über als der eiskalte Killer schlechthin. Die überwältigende Atmosphäre besiegt aber nur der Slowene.

"Jeder hat gesehen, wie ich auf das Video reagiert habe", sagt Doncic anschließend. "Das hat mir die Tränen in die Augen getrieben. Ich bin hier als 18 Jahre altes Kind angekommen und wusste nicht, was mich in der NBA erwartet. Als ich das Video gesehen habe, dachte ich noch: Auf keinen Fall spiele ich dieses Spiel."

Der Rest ist Geschichte. Jordan erklärt später einmal, dass das erste Spiel gegen Chicago sehr schwierig gewesen sein, weil es wäre, als "würde man gegen einen Verwandten spielen. Es ist nicht so intensiv, man ist nicht ganz so motiviert." Doncic aber ist hochmotiviert gegen die Mavericks. Der Grund heißt Nico Harrison.

Luka Doncic vs. Nico Harrison

Der Geschäftsführer der Mavs war für den Doncic-Trade verantwortlich und versetzt dem Slowenen damit einen Stich ins Herz. Erst kurz vor der öffentlichen Verkündung schickt er ihm eine Nachricht. Immer wieder betont Doncic anschließend, wie sehr ihn der forcierte Wechsel mitgenommen hat. Er fühlt sich hintergangen. Etliche Fans aus Dallas und der ganzen Welt ebenso. Die "Fire Nico"-Rufe machen nicht erst bei der Rückkehr des Superstars die Runde im American Airlines Center. In jener bereits jetzt legendären Nacht sind sie aber lauter als zuvor. Der ehemalige Mavs-Besitzer Mark Cuban, der öffentlich erklärt hat, dass er Doncic nicht getradet hätte, vergräbt verzweifelt sein Gesicht in den Händen und schüttelt den Kopf. Was ist nur aus seinem alten Team geworden?

Während Dallas nach dem Trade die Top-Plätze in der Western Conference verlassen muss (was aber auch mit vielen Verletzungen zusammenhängt, unter anderem dem Kreuzbandriss von Kyrie Irving), sind die Lakers unter Doncic zum drittbesten Team im Westen herangereift. Das Zusammenspiel mit Megastar LeBron James, dem nach Jordan wohl besten Spieler jemals, klappt sehr schnell sehr gut. Zwar hat das Team aus der Stadt der Engel keinen herausragenden Center in ihren Reihen, aber dank der beiden offensiven Alleskönner - ihre defensiven Defizite werden von anderen Spielern aufgefangen - gilt es als einer der Favoriten auf den Einzug ins NBA-Finale.

Selten sind die am Abend beginnenden Playoffs in der besten Basketball-Liga der Welt mit so viel Spannung und Vorfreude rund um den Globus erwartet worden. Für die Lakers geht es nun zunächst gegen die Minnesota Timberwolves mit Superstar Anthony Edwards, die Doncic mit Dallas bereits im vergangenen Jahr auf dem Weg ins Finale eindrucksvoll aus dem Weg geräumt hatte. Dann gibt es noch die wiedererstarkten Los Angeles Clippers um die Altstars Kawhi Leonard und James Harden und Dreipunkte-Gott Stephen Curry und seine neu formierten Golden State Warriors, die den in den Playoffs stets stark aufspielenden Jimmy Butler ins Team holten, und gegen die unerfahrenen Houston Rockets auch als Siebter des Westens gute Chancen haben.

SGA, Jokic und die Celtics

Zwischen Shai Gilgeous-Alexander von den Oklahoma City Thunder und Nikola Jokic von den Denver Nuggets wird sich das Wettrennen um die MVP-Trophäe entscheiden. Unklar bleibt aber, ob die jungen Thunder, bei denen auch Isaiah Hartenstein Körbe sammelt, nach der herausragenden regulären Spielzeit auch in den Playoffs den nächsten Schritt gehen können. Und ob die Nuggets nach dem Rauswurf von Coach Michael Malone vor erst einer guten Woche wirklich ihre Bestform erreichen können.

Auch der Osten ist äußerst spannend, wenngleich es dort mit dem NBA-Champion Boston Celtics und den Cleveland Cavaliers klare Favoriten gibt. Dazu kommen die Wundertüte namens New York Knicks, die eine gute Saison hingelegt, aber gegen Top-Teams regelmäßig auf die Mütze bekommen haben, und die wiedererstarkten Milwaukee Bucks, die die Playoffs am Abend gegen die Indiana Pacers eröffnen (19 Uhr/ DAZN), um das griechische Monster Giannis Antetokounmpo.

Weltmeister Dennis Schröder und sein Überraschungsteam, die Detroit Pistons, müssen sich in der ersten Runde gegen die Knicks absolut nicht verstecken. Franz Wagner und seine jungen Orlando Magic besitzen nach dem erfolgreichen Play-In-Spiel gegen Atlanta nur Außenseiterchancen im Erstrundenduell mit den Celtics. Gut möglich, dass der amtierende Meister ab dem 5. Juni in der Finalserie gegen den alten Rivalen aus Los Angeles um die NBA-Krone kämpft. Bis dahin dürfte Luka Doncic jede seiner Tränen getrocknet haben.

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