Kreisläufer Patrick Wiencek spielt seit 2012 in der Handball-Bundesliga für den THW Kiel. Der 35-Jährige wurde mit dem Klub sechsmal Deutscher Meister und einmal Champions-League-Sieger. Mittlerweile biegt die Karriere des 159-maligen Nationalspielers auf die Zielgerade ein, sein Vertrag läuft nach Ende der Saison aus.

Frage: Herr Wiencek, nach dem 31:25 gegen Meister Magdeburg wurden Sie von Manager Viktor Szilagyi und Trainer Filip Jicha in höchsten Tönen gelobt. Sie bezeichneten Sie als „emotionalen Leader“ und „eine der größten Kiel-Legenden aller Zeiten“. Sollten sie Ihnen dann nicht auch einen neuen Vertrag geben? Ihr alter endet im Sommer.

Patrick Wiencek: Das Spiel gegen Magdeburg hat mir richtig Spaß gemacht. Man hat es mir, glaube ich, auch angesehen: Ich war richtig heiß. Ich konnte mich während der WM im Januar ausruhen. Und gegen Magdeburg ist man sowieso immer hoch motiviert. Ich bin froh, dass ich der Mannschaft helfen konnte. Und die schönen Worte von Viktor und Filip freuen mich natürlich. Das tut gut. Wichtiger fand ich, dass wir das Spiel gewonnen haben. Aber um zu Ihrer Frage zu kommen: Die ist momentan schwer zu beantworten.

Frage: Inwiefern?

Wiencek: Ich weiß es selbst noch nicht, wie es für mich im Sommer weitergeht. Ich bin natürlich im Kontakt mit dem THW. In ein paar Wochen kann ich mehr sagen.

Frage: Der THW hat für die nächste Saison mit Hendrik Pekeler, Petter Øverby und Zugang Veron Nacinovic schon drei Kreisläufer im Kader. Eigentlich ist für Sie kein Platz mehr. Manager Szilagyi würde Sie gern als Klubrepräsentant und Vorbild für die Jugend einbinden. Sind Sie bereit, im Sommer Ihre Spielerkarriere zu beenden?

Wiencek: Wie gesagt, noch ist alles offen. Was ich sagen kann, ist, dass ich mich aktuell noch sehr fit fühle. Ich habe keine Wehwehchen. Aber ich weiß auch, irgendwann kann es schnell gehen. Ich habe mehrere Möglichkeiten in meinem Kopf. Eine Option ist, für den THW Kiel als Repräsentant zu arbeiten. Aber es gibt auch die Option, später etwas ganz anderes als Handball zu machen.

Frage: Es kursiert das Gerücht, dass Sie nach Flensburg wechseln. Ist da etwas dran?

Wiencek: Gerüchte gibt es immer viele. Aber das kann ich definitiv ausschließen: Ich werde nicht nach Flensburg gehen.

Frage: Graut Ihnen schon davor, in der Kieler Arena zu stehen und vom Verein und den Fans verabschiedet zu werden?

Wiencek: Und wie. Da werden Tränen fließen, bei mir, aber auch bei meiner Frau und meinen Kindern. Ich habe schon einige Abschiedszeremonien miterlebt. Und jedes Mal habe ich mir gesagt, irgendwann bin ich auch dran. Davor graut es mir tatsächlich.

Frage: Sechs Meistertitel haben Sie bereits mit dem THW gewonnen. Wie optimistisch sind Sie, dass im Juni der siebte hinzukommt?

Wiencek: Nach dem Sieg gegen Magdeburg und unserer Siegesserie davor war ich sehr optimistisch. Ich dachte, wir sind auf einem guten Weg. Aber dann kam der Dämpfer in Wetzlar (25:27; d. Red.). Gegen die sehen wir irgendwie nie gut aus. Uns war klar, dass es schwierig wird. Aber was wir da gezeigt haben, war schlecht. Die Niederlage tat doppelt weh, weil einige Konkurrenten auch gepatzt haben. Aktuell haben andere Vereine eher den Anspruch, Deutscher Meister zu werden.

Frage: Wer ist der Topfavorit?

Wiencek: Für mich ist Melsungen der Topfavorit. Wir haben gerade dort in der EHF European League gespielt (26:26). Sie spielen unglaublich reif. In Magdeburg haben sie zwar verloren, aber nur knapp. Momentan spielen sie für mich am souveränsten. Bei uns haben sie ja auch zwei Big Points geholt.

Frage: Das heißt, Sie haken den Titel ab?

Wiencek: Die Meisterschaft ist so spannend wie lange nicht. Von Platz eins bis sechs sind es nur ein paar Punkte. Wir sind längst nicht raus aus den Entscheidungen. Mit Harald Reinkind und Skippy (Elias Ellefsen á Skipagøtu, d. Red.) sind zwei Verletzte zurück. Sie sorgen im Rückraum für Entlastung. Dort mussten Eric Johansson und Emil Madsen lange alles allein meistern.

Frage: Sie kommen aus Duisburg. Kehren Sie dorthin nach dem Ende Ihrer Karriere zurück, sofern Sie keinen Job beim THW übernehmen?

Wiencek: Nein, wir wollen auf alle Fälle in Kiel bleiben. Inzwischen wohnen wir schon so lange hier, unsere Kinder gehen zur Schule, wir haben einen tollen Freundeskreis, und wir genießen die Nähe zum Meer.

Frage: Was werden Sie nach der Karriere am meisten vermissen?

Wiencek: Das Miteinander im Team. Gemeinsam Erfolge zu feiern, Pokale hochzuhalten. Auch gemeinsam durch schwere Zeiten zu gehen. Was ich bestimmt nicht vermissen werde, sind die sechsstündigen Busfahrten nach Wetzlar und wieder zurück. Besonders, wenn man verloren hat. Bei uns war vergangene Woche Totenstille im Bus.

Frage: Worauf freuen Sie sich nach dem Karriereende am meisten?

Wiencek: In Ruhe Weihnachten und Ostern zu feiern, ohne irgendwo in der Halle zu stehen und dem Ball hinterherzulaufen.

Das Interview wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, SPORT BILD, BILD) geführt und zuerst in SPORT BILD veröffentlicht.

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