Es wurden reichlich Konjunktive bemüht, um diese unzweideutige Niederlage zu erklären. Das Spiel hätte in der zweiten Halbzeit „wohl anders ausgesehen, wenn Jeremie Frimpong seine hundertprozentige Chance reingemacht hätte“, sagte Granit Xhaka – und verwies auf die große Möglichkeit, die seine Mannschaft nach dem 0:1 gehabt hatte.
Es seien ohnehin, so der Leverkusener Leader, weniger die übermächtigen Münchener gewesen, die die Werkself auf die Verliererstraße gebracht hätten, als vielmehr die eigenen Fehler. „Ich denke, das hat jeder gesehen“, sagte der Schweizer – schwer bedient nach dem 0:3 (0:1) im Hinspiel des Achtelfinales der Champions League.
Es war tatsächlich einfach zu viel schiefgelaufen beim Deutschen Meister. Da war der schwere Patzer von Matej Kovar. Der Torwart hatte einen leicht zu berechnenden Flankenball vor dem 0:2 durch die Hände rutschen lassen. Da war das unmotivierte Einsteigen von Nordi Mukiele gegen Kingsley Coman, das zwangsläufig zum Platzverweis führen musste.
„Eine dumme Gelb-Rote Karte, komplett unnötig so weit weg vor dem eigenen Tor“, haderte Xhaka. Was auch für die Aktion von Edmond Tapsoba galt, der zehn Minuten darauf einen Foulelfmeter verursachte, als er Harry Kane im Strafraum mit beiden Armen festhielt. Auch dies, so Xhaka, sei „komplett unnötig“ gewesen.
Bayer reagierte nur, agierte nicht
Die Leverkusener waren sehr bemüht, ihre Niederlage als eine Verkettung von individuellen Patzern darzustellen. „Es waren Details. Das zweite Tor, der Platzverweis, der Strafstoß – all dies hat den Bayern natürlich in die Hände gespielt. „Das waren schwere Fehler, jetzt brauchen wir fast ein Wunder“, sagte Xabi Alonso im Hinblick auf das Rückspiel am kommenden Dienstag.
Was jedoch weder der Trainer noch die Spieler thematisierten, war die grundsätzliche Herangehensweise – denn die erwies sich als viel zu abwartend. Das galt sowohl für die Aufstellung, die Alonso gewählt hatte, als auch für die taktische Vorgabe, in erster Linie zu reagieren, statt zu agieren. Bayer schaffte es einfach nicht, hinter die letzte Linie der Münchener zu kommen und torgefährlich zu werden.
Die Leverkusener verzichteten nahezu komplett darauf, den Gegner zu pressen – und ohne Ballgewinne konnten sie ihre Schnelligkeit nicht einsetzen. Wenn es dennoch mal gelang, einen Ball zu erobern, konnte er nicht festgemacht werden – da Florian Wirtz an diesem Abend unsichtbar war und ein echter Mittelstürmer als Zielspieler fehlte. Leverkusen spielte ohne Strafraumbesetzung.
Auch bei Mukiele irrte Alonso
Auch während des Spiels verzichtete Alonso zu lange darauf, Korrekturen anzubringen – und nach dem Platzverweis von Mukiele war es dann zu spät. Er habe zwar überlegt, den Rechtsverteidiger, der seit der 39. Minute gelb-vorbelastet war, zur Pause auszuwechseln, tat es dann aber doch nicht. Er hatte gehofft, dass sich das Team stabilisiert, erklärte der Coach anschließend. Er sollte sich irren.
Xabi Alonso, dessen Mannschaft bei den sechs vorausgegangenen Aufeinandertreffen mit den Bayern stets ungeschlagen vom Platz gegangen war, hatte sich verzockt – und das wurde anschließend auch genauso bewertet. „Massaker an Xabi Alonso. Das siebte Mal brachte den Bayern Glück“, schriebe die spanische Sportzeitung „As“: „Die Bayern schlugen die Mannschaft des spanischen Trainers im reinsten Bayern-Stil und auf die grausamste Weise.“
Um doch noch ins Viertelfinale einziehen zu können, benötigen Leverkusen im Rückspiel am kommenden Dienstag (21 Uhr, Amazon Prime und im WELT-Liveticker) einen Kraftakt. Vor allem aber müssen die Lehren aus dem Hinspiel gezogen werden. „Es ist alles gegen uns gelaufen – wegen uns. Wir haben uns das selbst eingebrockt. Wir benötigen Zeit, um diesen bitteren Abend zu analysieren und die Schlüsse zu ziehen“, erklärte Alonso und gab sich kämpferisch. „Es ist nicht vorbei, bis es vorbei ist“, sagte der 43-Jährige.
Das Mindset des Teams müsse sich verändern, die Mannschaft müsse daran glauben, dass es noch Hoffnung gebe. „Wenn es noch eine Chance gibt, werden wir um sie kämpfen“, versprach Xabi Alonso. Er hat nichts mehr zu verlieren.
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