Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist auf dem Weg ins Halbfinale der Nations League. Und wie. Italien wird im Rückspiel in Dortmund lange Grund und Boden gespielt, sondern durch eine Ecke von Joshua Kimmich auf peinliche Weise vorgeführt.
Gianluigi Donnarumma hatte Redebedarf. Doch der kam in der 36. Minute zur absoluten Unzeit. Während sich der Torwart der italienischen Nationalmannschaft seine Vorderleute vornahm, um ihnen zu sagen, dass das Maß der erträglichen Arbeitsbelastung gegen Deutschland erreicht sei, brachte Joshua Kimmich eine Ecke in den Strafraum der Squadra Azzurra. Dort herrschte eine gähnende Leere. Donnarumma diskutierte, seine Mitspieler drehten sich entnervt weg. Wäre ein fliegender Grasballen durchgeweht, man hätte sich nicht wundern dürften.
Kimmichs Ball kam, Jamal Musiala auch. Und Italien war blamiert. Die gesamte Mannschaft hatte erst reagiert, als der Ball aufs Tor flog. Verhindern konnten sie diese Demütigung nicht mehr. Selbst für das TV-Signal ging die Szene zu schnell. Erst in der Wiederholung bekam der Zuschauer zu sehen, was passiert war.
Deutschland führte 2:0 und hatte scheinbar die letzten Zweifel ausgeräumt, dass Dortmund erneut zu einem Schicksalsort werden würde. Wie 2006. Die Geschichte des WM-Halbfinals war in den vergangenen Tagen rauf und runter erzählt worden. In der Verlängerung hatten die Italiener Jürgen Klinsmann und Deutschland zerstört. Es war für einen Moment still im Land.
DFB-Elf erdrückt Italien in der ersten Halbzeit
Nicht aber an diesem Sonntagabend im alten Westfalenstadion. Italien war zwar zuerst in den Fußballtempel eingefahren. Es war aber das einzige Mal, dass sie den Deutschen etwas voraushatten. Wie die wilden Stiere hatte Bundestrainer Julian Nagelsmann seine Fußballer, die er nach der schwachen ersten Halbzeit in Mailand bereits umgebaut hatte, erneut in einer anderen Formation auf den Rasen geschickt. Nico Schlotterbeck, der in der zweiten Halbzeit von Mailand ein Matchwinner war, übernahm die linke Abwehrseite. Im Sturmzentrum übernahm Tim Kleindienst. Von der ersten Minute wurde den Gästen die Luft zum Atmen genommen.
Das Gegenpressing war so dermaßen aggressiv, dass die Italiener den Ball bis Mitte der Halbzeit kaum zur Mittellinie brachten. Das am Donnerstag noch so gut funktionierende Konterspiel fand gar nicht statt. Italien wurde dazu gezwungen, alles in den Verteidigungskampf zu werfen. Bis zur 30. Minute hielten sie den DFB-Attacken stand, die wie schon im Hinspiel oft von Leon Goretzka ausgingen, schmissen ihre Körper in Gegner und Ball. Jamal Musiala bekam dabei häufiger auf die Socken. In der 29. Minute fand Goretzka mit einem feinen Ball Kleindienst im Zentrum, der aber wurde von Alessandro Buongiorno gelegt, Elfmeter.
Kimmich trifft, legt vor und legt noch einmal vor
Joshua Kimmich schnappte sich den Ball und traf. Fortan war der Kapitän gar nicht mehr zu bremsen. Beim 2:0 hatte er den vielleicht besten Einfall seines Lebens als Nationalspieler. Weil ein Balljunge auf den energischen Zuruf des DFB-Kapitäns schnell schaltete, konnte Kimmich so schnell ausführen. Er baute sich danach, wie schon nach dem 1:0 brüllend vor der Dortmunder Südtribüne auf. Die schrie ihm das große Glück ebenfalls entgegen. Das kommt nicht oft vor. Auf der "Süd" sitzen sonst die treuesten BVB-Fans und die können mit dem Vereinsfußballer Kimmich, im Dienst des FC Bayern, für gewöhnlich nicht viel anfangen.
Kimmich wurde umringt von seinen begeisterten Teamkollegen, die aus dem Lächeln nicht mehr herauskamen. Das Tor hatte sie natürlich erheitert. Italien blickt fassungslos drein. Die Spieler, Trainer Luciano Spalletti, die Fans. Und die Journalisten, die nach der 36. Minute teilweise ihre Laptops zuschlugen. Und nach dem 3:0, Kleindienst traf nach erneuter Vorarbeit von Kimmich per Kopf (45.), gingen sie und kamen nicht wieder. "Unglaublich" ließ die geschockte Zeitung ihre Leser bereits zur Halbzeit wissen. So große Fußballmomente hatte man in Dortmund tatsächlich schon länger nicht gesehen.
Dass es später noch einmal eng werden sollte, spielte dabei keine Rolle - es wusste ja im Moment des Jahrhunderttors ohnehin niemand, wie es weitergehen würde. Die italienischen Fußballer wussten sogar augenscheinlich nicht einmal, wie schnell eine Ecke ausgeführt werden kann. Aber was war dann plötzlich los? Die Italiener waren wie die Wilden darauf aus, sich für die Demütigung zu revanchieren. Im Wissen nichts mehr verlieren zu können, rannten sie an. Moise Kean weckte schnell erste Hoffnungen (49.) und dann noch größere (69.). Dann kassierte der VAR einen Elfmeter ein. Deutschland wankte, Italien hoffte. In der Nachspielzeit traf Giacomo Raspadori zum 3:3, per Elfmeter. Das Stadion war so aufgeladen, so angespannt. Was für eine Atmosphäre. Dann pfiff Szymon Marciniak ab. Deutschland war erleichtert. Italien zumindest rehabilitiert.
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