Unter dem verstorbenen Schatzmeister und Präsidenten Fritz Scherer erlebte der FC Bayern München einen phänomenalen Aufschwung. Zeitgleich mit Uli Hoeneß startete Scherer damals beim heutigen Rekordmeister - und bot ihm in den Folgejahren ein ums andere Mal energisch die Stirn.

"Zehn Tage habe ich Zeit, mir meine Kündigung zu überlegen!" In der Saison 1986/87 war in München erstmals der Dampf im Kessel so richtig am Kochen zwischen Uli Hoeneß und seinem Präsidenten beim FC Bayern, Prof. Fritz Scherer. Der Manager drohte damals damit, den Verein ohne lange Fristen zu verlassen. Streitpunkt war ein "blonder Engel". Hoeneß wollte Bernd Schuster unbedingt aus Barcelona verpflichten, doch Präsident Scherer tat dies als eine "Privatidee" von Uli Hoeneß ab. Man kann sich das Gesicht des Jungmanagers bildlich vorstellen, als er sagte: "Bisher sind meine Privatideen immer realisiert worden. Ich lasse mir auch vom Präsidenten nicht meine Meinung verbieten. Manche können wohl die Höhenluft nicht vertragen."

Hoeneß blieb, wie wir heute wissen, doch der Konflikt zwischen den beiden schwelte seit diesen Tagen immer weiter - und sollte im Frühjahr 1989 fast endgültig eskalieren. Der Bayern-Manager hatte sich in der Sponsorenfrage auf Opel als neuen Trikotpartner festgelegt und wollte diesen Deal unbedingt realisieren. Sehr zum Unwillen von Präsident Fritz Scherer und Schatzmeister Kurt Hegerich. Die beiden hatten eine vollkommen andere Idee und verhandelten bereits parallel - und, was schlussendlich die Situation außer Kontrolle brachte - hinter dem Rücken ihres Managers mit der Brauerei Paulaner über einen Abschluss.

Uli Hoeneß' vergessene Kündigung

Nachdem Uli Hoeneß in der Saison 1986/87 bereits intensiv über seine Kündigung nachgedacht hatte, ging er nun einen Schritt weiter. Dass die Öffentlichkeit darüber allerdings erfuhr, ist bis heute einer der kuriosesten Fälle der Bundesliga. Denn der Bayern-Manager vergaß damals seinen Aktenkoffer ausgerechnet in der Redaktion des "Kölner Express". Und als ein Redakteur den Koffer öffnete, fand er als oberstes das Kündigungsschreiben des Managers, adressiert an seinen Präsidenten Fritz Scherer.

Doch das war noch nicht alles. In dem Schreiben teilte Hoeneß seinem Arbeitgeber noch etwas äußerst Brisantes mit: Er würde ab sofort für einen Großteil der Bayern-Profis und eine Menge anderer Bundesligaspieler als Berater fungieren. Ein offener Affront gegenüber dem FC Bayern also!

Natürlich ging damals ein Aufschrei durch den Blätterwald, als der "Kölner Express" seine Meldung über die Kündigung von Uli Hoeneß veröffentlichte. Die Bayern versuchten zwar gemeinsam die Situation zu deeskalieren, doch unter der Oberfläche brachten sich beide Seiten in Position. Schlussendlich wurde Opel zum neuen Partner des FC Bayern München - und damit war für alle nach außen hin gut sichtbar klar, wer den Machtkampf gewonnen hatte. Uli Hoeneß behauptet übrigens bis heute steif und fest, dass er seinen Aktenkoffer damals nicht absichtlich in der Kölner Redaktion vergessen habe. Es ist immer noch schwer zu glauben. In jedem Fall spielte ihm dieser Zufall jedoch wunderbar am Ende in die Hände.

"Auch ein Uli Hoeneß macht Fehler"

Verständlich aber auch, dass Fritz Scherer diese heikle Situation nie so ganz vergessen konnte. Und als nur wenige Jahre später die sportliche Lage nicht so war, wie sie es beim FC Bayern eigentlich seit dem Bundesligaaufstieg gewohnt waren, hatte Scherer die Idee, die ehemaligen Spieler Rummenigge und Beckenbauer als Vizepräsidenten in den Klub zurückzuholen. Natürlich sehr zum Leidwesen von Uli Hoeneß, der damit deutlich in seiner Macht eingeschränkt wurde.

So stellte der "Kicker" die beiden neuen Vizepräsidenten als "Notrufsäulen" für Hoeneß dar. Und Beckenbauer legte damals auch sofort gewohnt los - als er direkt Bayerns Manager Uli Hoeneß in seine Schranken verwies: "Der Uli war allein, es sagte ihm keiner, was er verkehrt machte. Und auch ein Uli Hoeneß macht Fehler." Das hörte dieser natürlich überhaupt nicht gerne.

Für den grandiosen Aufstieg des FC Bayern München sollte dieses neue Machtgefüge aber letztendlich der Wendepunkt zu einem noch größeren Verein sein. Und obwohl die Reibereien mit Uli Hoeneß das Ansehen von Fritz Scherer zeitweilig auch etwas beschädigt haben, hat der langjährige Präsident des FC Bayern München einen maßgeblichen Anteil an Deutschlands erfolgreichstem Fußballklub, der in diesem Jahr voller Stolz sein 125jähriges Bestehen feiern kann. Wie der deutsche Fußball-Rekordmeister nun am Sonntag mitteilte, verstarb der gebürtige Augsburger einen Monat nach seinem 85. Geburtstag in München.

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