Am 20. März wählen 109 Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees im Luxusresort von Costa Navarino auf der griechischen Halbinsel Peloponnes den Nachfolger von Thomas Bach als IOC-Präsident. Eine Frau und sechs Männer aus sechs Ländern kandidieren um das mächtigste Amt im Weltsport. WELT stellt das Septett und deren Visionen vor.

Der Vermögende

Johan Eliasch (Großbritannien, 63), Unternehmer, Präsident des Ski-Weltverbandes

Der gebürtige Schwede, der erst seit vorigen Sommer IOC-Mitglied ist, „hatte absolut nicht vor, für diesen Job zu kandidieren“. Doch im Vorfeld der Deadline erhielt er so viele Anrufe von IOC-Mitgliedern, die sagten: „Sie haben einen Hintergrund, der perfekt für diesen Job wäre“.

Was ihn letztlich zur Bewerbung motivierte, ist die „inspirierende Kraft der olympischen Bewegung. Ich glaube an die Magie des Sports, um zu vereinen und Hoffnung zu bringen. In einer Welt der Spaltung und Zerrüttung benötigen wir mehr denn je Hoffnung.“ Er wirbt mit jahrzehntelanger Führungserfahrung im Sport und in der Wirtschaft. Was es heißt, Veränderungen voranzutreiben, wisse er genau. Mit der Sportartikelfirma Head verdiente er Milliarden. Sein Amt im Ski-Weltverband trat er mit dem Versprechen an, den Skizirkus umweltfreundlicher und nachhaltiger aufzustellen, was bislang nur bedingt gelang. Dabei machte er sich auch viele Feinde. Seine Kandidatur ist die überraschendste, seine Chancen dürften eher gering sein.

Der Geadelte

Sebastian Coe (Großbritannien, 68), Sportfunktionär, Leichtathletik-Olympiasieger 1980 und 1984, Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes

Kein Bewerber weiß sich so gut in Szene zu setzen, wie der britische Lord. Der ärgste Kritiker von Thomas Bach würde wohl auch am ehesten mit der Politik des Deutschen brechen und kündigte an, die Macht im IOC stärker verteilen zu wollen. Der frühere Mittelstreckenläufer und Regierungspolitiker gilt als Favorit, da er über eine außergewöhnliche Expertise in jahrzehntelangen Diensten für die olympische Bewegung verfügt.

Als Organisationschef führte er die Sommerspiele in London 2012 zum Erfolg. Als Präsident von World Athletics erarbeitete er sich den Ruf eines Reformers. Er setzte neue Standards im Kampf gegen Doping, sperrte russische Athleten rigoros wegen Dopingskandalen und des Angriffskriegs in der Ukraine aus, und zahlte den Olympiasiegern von Paris entgegen der IOC-Tradition erstmals Geldprämien. Das möchte er ausbauen, denn Athleten bestimmen den Wert der Spiele. Sein Handicap: Die aktuelle IOC-Mitgliedschaft ist an sein Amt in der World Athletics gebunden, das 2027 endet. Um wählbar zu sein, müsste er zum persönlichen Mitglied im IOC werden, was nicht sicher ist.

Der Ausdauernde

Juan Antonio Samaranch Jr. (Spanien, 65), Finanzmanager, IOC-Vizepräsident

Der Bankier ist Sohn eines der umstrittensten IOC-Präsidenten. Juan Antonio Samaranch führte den Ringe-Zirkel von 1980 bis 2001 und steht für die Kommerzialisierung der olympischen Welt. Seine Ära war ebenso von Korruptionsskandalen geprägt. Der Junior, der seinem durchaus Vater nachfolgen könnte, gehört dem IOC seit 2001 und somit länger als jeder andere Kandidat an.

Er lockt mit neuen Einnahmequellen auch für die Sportler und möchte die Spiele-Vergabe wieder offener gestalten. Effektive Führung basiere für ihn auf vier Prinzipien: „Erfahrung, Perspektive, Urteilsvermögen und Zusammenarbeit.“ Erfahrung bilde die Grundlage für das Verständnis, die Perspektive stelle die Chancen und Risiken in den richtigen Kontext, das Urteilsvermögen biete die Weisheit, Ethik und das kritische Denken, die für gute Entscheidungen erforderlich seien. Die Basis für all das sei Collaboration. „Ich bringe diese Qualitäten in diese Kampagne ein, die von einer lebenslangen Leidenschaft für den Olympismus angetrieben wird.“

Die Erste

Kirsty Coventry (Simbabwe, 41), Politikerin, Schwimm-Olympiasiegerin 2004 und 2008, IOC-Exekutivmitglied

Die einstige Rückenschwimmerin ist die Wunschkandidatin von Thomas Bach. Seit 2018 fungiert sie als nationale Ministerin für Jugend, Sport, Kunst und Freizeit. Sie wäre die erste Präsidentin in der 130-jährigen IOC-Geschichte und die erste aus Afrika, und steht damit im Einklang mit Bachs Bemühungen um Geschlechtergerechtigkeit und kontinentale Gleichberechtigung.

„Es ist an der Zeit, dass die Organisation von einer Frau geführt wird, ich möchte aber, dass die Mitglieder Vertrauen in mich haben, dass ich die richtige Person bin und das nicht nur wegen meines Geschlechts oder meiner Herkunft“, sagt die mit 41 Jahren jüngste aus dem Bewerberfeld. Ändern wolle sie primär die Art und Weise, wie das IOC kommuniziert. Ihr Führungsstil werde auf der Ubuntu-Philosophie basieren, die da lautet: „‘Ich bin, weil wir sind', und ich weiß, dass ich immer nur wegen der Menschen und des Teams um mich herum erfolgreich war.“ Wegen einiger politischen Affären in ihrem Heimatland ist sie allerdings auch umstritten. Zudem könnten fehlende Erfahrung und oft eher blasse Auftritte ihre vermeintliche Erfolgsaussicht schmälern.

Der Unterschätzte

Prinz Faisal bin Al Hussein (Jordanien, 61), Politiker, IOC-Exekutivmitglied

Der jüngere Bruder von Jordaniens König Abdullah II. verspricht mehr Mitbestimmung und zeigt sich auch offen für Preisgelder. Er wirbt für drei Hauptideen: „Inspiration für die Fantasie“, „Integrität sicherstellen“ und „Inklusion entwickeln“. Zudem plädiert er für eine „Olympische Agenda, die höhere Einnahmen, eine mögliche Änderung bei der Durchführung von Olympischen Spielen im Hinblick auf Klimafragen, die Neuformatierung der Olympischen Jugendspiele in Festival- und Elitewettbewerbe und eine stärkere Einbindung der Jugend durch Digitalisierung vorsieht.

Der frühere Hubschrauberpilot und Rallyefahrer hat militärische und diplomatische Erfahrung, sich aber bislang wenig als Leader in schwierigen Zeiten profiliert. Er ist der vermutlich am meisten unterschätzte unter den Kandidaten. Dass er sich um das höchste IOC-Amt bewirbt, erstaunt viele. Sein Credo: „Der IOC-Präsident ist wie der Kapitän eines Schiffes. Ich kann führen, aber ich muss den Mitgliedern zuhören.“

Der Revolutionär

Morinari Watanabe (Japan, 66), Geschäftsmann, Präsident des Turn-Weltverbandes

Der Asiat würde die Olympischen Spiele grundlegend verändern. Er möchte die Wettbewerbe im Sommer- und Winter künftig gleichzeitig in fünf Städten auf fünf Kontinenten veranstalten, von denen jede Gastgebermetropole zehn Sportarten austrägt und das in einem 24-Stunden-Format. Dadurch bieten sich „bestmögliche Bedingungen für die Athleten, die Übertragungssender und Sponsoren“, da eine Stadt oder Region nicht mit der schieren Größe der Olympischen Spiele überfordert werde.

Er würde auch am Ende eines jeden Jahres ein „Olympisches Forum" veranstalten, um an einem Ort zur gleichen Zeit zu interagieren. Außerdem schlage er vor, die IOC-Führung in ein Repräsentantenhaus aus den Präsidenten des Nationalen Olympischen Komitees und der internationalen Verbände und einen Senat des derzeitigen IOC umzuwandeln. Die Vorschläge würden also im Repräsentantenhaus diskutiert und dann im Senat abgestimmt. Der kühne Visionär gilt als Außenseiter.

Der Aufsteiger

David Lappartient (Frankreich, 51), Politiker, Präsident des Radsport-Weltverbandes

Der Aufstieg des Kommunalpolitikers aus der Bretagne in der Sportwelt ist bemerkenswert. Er ist zwar erst seit drei Jahren Mitglied im IOC, doch als Vorsitzender des Nationalen Olympischen Komitees seines Landes sorgte er für glanzvolle Sommerspiele in Paris und eine erfolgreiche Bewerbung für die Winterspiele 2030 in den französischen Alpen. Zudem organisierte er für das IOC einen langjährigen Deal mit Saudi-Arabien als Gastgeber olympischer E-Sport-Games.

Seine Wahl zum IOC-Präsidenten wäre keine Sensation. Der globalen Harmonie im Sport würde er dann höchste Priorität einräumen. Dazu gehöre die Unterstützung weniger entwickelter Länder, um deren Athleten aus Gründen der Chancengleichheit bessere Trainingsbedingungen zu ermöglichen. Sein Bestreben wäre auch, die Wiedereingliederung Russlands in die olympische Bewegung und die Zusammenarbeit mit Schlüsselfiguren wie dem US-Präsidenten Donald Trump. Die Welt zusammenzubringen, das sei es, was er wolle, das sei sein Ansinnen.

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