Die Berichte über Erkenntnisse des Bundesnachrichtendienstes (BND) haben die Debatte über den Ursprung von SARS-CoV-2 neu angefacht. Nun meldet sich auch Lothar Wieler, der frühere Leiter des Robert-Koch-Instituts (RKI), zu Wort. „Die Laborthese halte ich mit dem aktuellen Wissensstand für wahrscheinlicher“, sagte Wieler der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS). Zuvor hatte der Mikrobiologe, der das RKI durch die Corona-Zeit führte, sich nur zurückhaltend in der Sache geäußert.
Einen Grund für seine Einschätzung gab er der FAS aber nicht. „Egal, woher das Virus kommt – wir müssen alles dafür tun, dass die Wahrscheinlichkeit für Ausbrüche reduziert wird“, wird er zitiert. Stamme das Virus aus dem Labor, wäre es „das Schlimmste“, andere Übersprungsszenarien zu vernachlässigen.
Gleichzeitig müsse die Sicherheit biologischer Forschung weltweit gewährleistet werden. „Dass in anderen Ländern teils mit geringen Sicherheitsstandards gearbeitet wird, ist bekannt“, sagte Wieler. Hinzu komme großer Druck, wissenschaftlich erfolgreich zu sein. „Wir benötigen neue internationale Abkommen zur Biosicherheit in der Forschung“, wird er zitiert. Die WHO solle die Koordination übernehmen.
Am Donnerstag waren Medienberichte veröffentlicht worden, wonach der BND einen Laborunfall im chinesischen Wuhan als wahrscheinlichste Ursache der Corona-Pandemie ansieht. Zu dieser Bewertung kam der deutsche Auslandsgeheimdienst nach Informationen von „Süddeutscher Zeitung“ und „Zeit“ bereits im Jahr 2020. In Auftrag gegeben wurde die Untersuchung demnach vom Kanzleramt, das die Befunde dann unter Verschluss gehalten haben soll.
Bundestagsgremium fordert Aufklärung
Am Freitag forderte das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags die Regierung zur Unterrichtung der Öffentlichkeit auf. Das für die Kontrolle der Nachrichtendienste zuständige Gremium begrüße das Aufklärungsinteresse und den Untersuchungsprozess „ausdrücklich“, hieß es. „Das Parlamentarische Kontrollgremium erwartet, dass die Bundesregierung spätestens nach dem bevorstehenden Abschluss der Untersuchungen die Öffentlichkeit entsprechend unterrichtet.“
In der Beratungssitzung habe die Regierung den Sachverhalt in einigen Punkten indes „anders beschrieben als in der medialen Berichterstattung dargestellt“. Gleichwohl sei das Kontrollgremium der Auffassung, die Bundesregierung hätte es „früher unterrichten müssen“, welche konkreten Arbeitsthesen zum Corona-Ursprung der BND prüfe und aufkläre.
Den Auftrag, die Herkunft des damals neuartigen SARS-CoV-2-Virus zu untersuchen, hatte den Berichten zufolge das Kanzleramt erteilt. Die Labor-These wurde demnach dann mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 bis 95 Prozent bewertet. Das Kanzleramt habe dann entschieden, die brisante Einschätzung unter Verschluss zu halten.
Direkt nach dem Regierungswechsel von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte BND-Chef Kahl den Berichten zufolge das Kanzleramt erneut informiert. Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages sei hingegen nicht unterrichtet worden, ebenso wenig wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO).
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