Für viele Smartphone-Nutzer wäre das die Erfüllung eines großen Wunsches: Statt sich über Funklöcher zu ärgern, kommt in Zukunft die Kommunikation via Satelliten aus dem All. Wie das funktionieren soll, zeigte kürzlich die Deutsche-Telekom-Tochter T-Mobile in den USA in einem Werbespot während des Super Bowl, dem Football-Ereignis des Jahres.

Selbst fernab von jeder Zivilisation stellen Nutzer per Smartphone eine Verbindung zu ihren Liebsten daheim her – über Starlink-Satelliten des Anbieters SpaceX von Elon Musk. „Wo du den Himmel sehen kannst, bist du verbunden“, verspricht T-Mobile.

Smartphone-Nutzer in Deutschland müssen auf diese Zukunft noch Jahre warten. „Die von den Mobilfunkbetreibern lizenzierten Funkfrequenzen sind derzeit nicht für die Nutzung von Satellitendiensten zugelassen“, sagt Bill Ray, Technologie-Experte beim Marktforscher Gartner. Die USA hingegen hätten eine solche Änderung an den Lizenzen bereits vorgenommen.

Es scheint, dass die Technik der Regulierung in Europa davon läuft. Die Arbeitsgruppe der European Conference of Postal and Telecommunications Administrations (CEPT) hat begonnen, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Doch ohne internationale Regelung wird sich hier wenig bewegen. Ein weiterer Schritt würde erst auf der nächsten Weltfunkkonferenz der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) in zwei Jahren möglich sein. „Wir müssen regulatorisch davon ausgehen, dass die Spektren der Netzbetreiber von den Regulierungsbehörden der Europäischen Union für diese Art von Diensten erst einmal auch nicht freigegeben werden“, sagt die verantwortliche Telekom-Managerin Antje Williams.

Das hindert die Mobilfunkbetreiber nicht daran, in Europa schon einmal Versprechungen zu machen. So hatte der Schweizer Anbieter Salt angekündigt, seine Nutzer per Starlink zu verbinden. Doch das Schweizer Bundesamt für Kommunikation (Bakom) verweigerte die Genehmigung. Begründung des Regulierers: Die Satellitendienstleistungen müssten mit den Nachbarländern koordiniert werden, damit sich die Netze nicht gegenseitig störten.

Europas Ländergrenzen erschweren die Umsetzung

Das ist nach Angaben der Deutschen Telekom auch der Grund, warum der Konzern in den USA die Starlink-Verbindung per Smartphone anbietet, aber nicht in Deutschland. Denn die Mobilfunker müssten für solche Dienste einen Teil ihrer irdischen Frequenzen zur Verfügung stellen. Netzbetreiber verwenden jedoch wegen unterschiedlichen länderspezifischen Funkregulierungen verschiedene Frequenzen. Das macht sich bei Mobilfunkverbindungen bemerkbar, wenn Nutzer von Deutschland nach Österreich fahren. Beim Netzwechsel kommt es dann zu Unterbrechungen.

Während die Antennen auf der Erde an den Grenzen noch relativ genau ausgerichtet werden können, ist das bei Satelliten im Weltall kaum möglich. Hier dürfen sich die Ausleuchtzonen der Satelliten nicht überlappen. Daher müssten sie einen Sicherheitsabstand von etwa 50 Kilometern einhalten, in denen ein Empfang nicht möglich ist. In Europa mit seinen vielen Staaten und Grenzen wäre das ein Problem.

Das sieht auch die Bundesnetzagentur so. „Generell erscheint aufgrund der Größe der Versorgungsbereiche durch die Satelliten eine ausschließlich nationale Regelung nicht zielführend“, sagt Behördensprecherin Nadia Affani. Die Netzagentur arbeite daher an einer europäisch harmonisierten Vorgehensweise, um den grenzüberschreitenden Schutz bestehender Funknetze und damit deren Nutzbarkeit sicherzustellen. Zudem prüfe die Behörde derzeit welche regulatorischen Aspekte berührt und welche Maßnahmen für einen Einsatz in Deutschland erforderlich und umsetzbar wären. Eine Nutzung sei aber erst nach der Weltfunkkonferenz im Jahr 2027 realistisch.

Trotzdem hat sich neben Salt nun auch Vodafone vorgewagt. Konzernchefin Margherita Della Valle ließ sich Ende Januar mit einem ihrer Ingenieure verbinden, der sich dafür in einen abgelegenen Landstrich von Mittelwales ohne jeden Mobilfunkempfang begeben hatte. Per Videochat plauderten die beiden auf dem Smartphone miteinander. Danach kündigte der Anbieter den Start des Dienstes in Europa für das laufende und das nächste Jahr an. Damit dürfte wohl kaum Festlandeuropa gemeint sein, wo man die Regelung der Weltfunkkonferenz abwartet.

Vodafone hat sich schon vor Jahren am Satelliten-Betreiber AST Spacemobile beteiligt und gehört heute zu den Hauptinvestoren der Firma, über deren Satellit das Gespräch geschaltet wurde. „AST SpaceMobile betreibt das erste und einzige mobile Breitbandnetz im Weltraum, das direkt mit handelsüblichen, nicht modifizierten Smartphones funktioniert“, verkündete der Konzern.

Trotz allem wird sich der Dienst nicht so schnell ausrollen lassen. Was in einem Inselstaat wie Großbritannien mit einem 50-Kilometer-Puffer an der Grenze noch möglich ist, lässt sich im restlichen Europa nur schwierig umsetzen. Wohl auch aus diesem Grund halten sich Telefónica und Deutsche Telekom mit Ankündigungen zurück. Zwar will Telefónica im März einen Satellitendienst starten, doch nur für Geschäftskunden und nur für „Internet of Things“-Geräte wie Tracker und Sensoren. So können Firmen ihre Container auch auf Weltmeeren fernab von Mobilfunknetzen orten. Große Datenmengen müssen dafür nicht übertragen werden.

Satelliten-Dienste fürs iPhone

Auch die Telekom bietet die Vernetzung von „Internet of Things“-Geräten über Satellit an. Noch in diesem Jahr will der Konzern seinen Nutzern den SMS-Empfang via Satellit anbieten – wenn sie das richtige Smartphone dafür haben. Auf der Mobilfunkmesse Mobile World Congress (MWC) in Barcelona zeigte das Unternehmen den Dienst mit einem Google Pixel 9, das diese Technologie bereits eingebaut hat. Weitere Android-Smartphones dürften folgen.

Solche schmalbandigen Verbindungen können iPhone-Nutzer bereits seit mehr als zwei Jahren über Satellit nutzen, inzwischen auch in Europa. Mit der Einführung des iPhone 14 lassen sich auf diese Weise Notfall-Nachrichten auch dort verschicken, wo kein Handyempfang ist. Apple hat sich für etwa 1,5 Milliarden Dollar Kapazitäten des Satellitenbetreibers Globalstars gesichert. Inzwischen können so auch normale Textnachrichten verschickt werden.

Richtig interessant wird es erst, wenn große Datenmengen übertragen werden können. „Heute ist die terrestrische Versorgung mit Mobilfunk oder Festnetz deutlich überlegen“, sagt Julius Hafer vom Beratungshaus Bearingpoint. Doch innerhalb der nächsten fünf Jahre könnten die Telekom-Anbieter Satellitendienste als Zusatzfeature für ihre Premium-Mobilfunktarife anbieten. „Prognosen zufolge wird der Markt bis 2033 auf 15 Milliarden Dollar anwachsen“, sagt Hafer. Auch Gartner-Analyst ist optimistisch: „Alle Mobilfunkbetreiber werden letztendlich Roaming für einen Satellitendienst anbieten müssen, um eine flächendeckende Netzverfügbarkeit zu gewährleisten.“ Die Direkt-zu-Smartphone-Dienste würden dann Standard sein.

Das könnte den Markt noch einmal verändern, sagt Hafer. Denn wenn Hersteller die Satellitenkommunikation in ihre Geräte einbauten, werde sich die Kundenbeziehung „dramatisch“ verschieben, weg von den Telekommunikationsfirmen. Das sieht man dort anders. „Wir betrachten die Satellitentechnik nicht als unseren Feind“, sagt Telekom-Managerin Williams. Tatsächlich ist kaum absehbar, dass Satelliten die Datenmengen von Mobilfunknetzen auf der Erde übernehmen könnten.

Thomas Heuzeroth ist Wirtschaftsredakteur in Berlin. Er berichtet über Verbraucher- und Technologiethemen, Unterhaltungselektronik und Telekommunikation.

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