Wer es sich leisten kann und möchte, der wählt auf dem neuen Kreuzfahrtschiff „MSC World America“ eine der „Owner's Suiten“. Auf einer Wohnfläche von 150 Quadratmetern verteilen sich Schlafzimmer, Ankleidezimmer, Badezimmer mit Badewanne, getrennter Wohn- und Essbereich, private Terrasse mit Whirlpool sowie ein Essbereich im Freien. Hinzu kommen ein eigenes Gourmet-Restaurant, eigene Panorama-Lounge und eigenes Sonnendeck mit Pool. Die Reederei MSC Cruises verspricht einen „Schiff-im-Schiff-Bereich“ mit 24-Stunden-Service für den Butler und Concierge. Wer es etwas bescheidener mag, sucht sich eine der anderen 150 Suiten im Maisonette-Stil aus.

Der Schiffsneubau zählt zur „World Class“ der Schweizer Kreuzfahrtreederei MSC. Mit 333 Metern Länge, 47 Metern Breite, 2614 Gästekabinen und Suiten für maximal 6762 Passagiere sowie 2138 Besatzungsmitglieder ist die „MSC World America“ ein schwimmender Freizeitpark der Superlative. Auf 22 Decks und 38.000 Quadratmetern öffentlichem Raum verteilen sich 18 Bars und Lounges sowie 19 Restaurants.

Die Kreuzfahrtindustrie hat ihren Passagierrückgang aus der Corona-Pandemie hinter sich gelassen und vermeldet Jahr für Jahr wieder Buchungsrekorde. Die Auftragsbücher der Werften – die „MSC World America“ wird von dem Schiffbauer Chantiers de l’Atlantique Saint-Nazaire in Frankreich gebaut – sind auf Jahre hinaus gefüllt. Auch die kürzlich in Zahlungsschwierigkeiten steckende Meyer Werft aus Papenburg ist voll ausgelastet. Zusammen mit der italienischen Gruppe Fincantieri ist dies das Werften-Trio, das weltweit rund drei Viertel des Neubaumarktes beherrscht.

Kein anderer Bereich des Tourismus wächst so schnell wie die Kreuzfahrt. Aus dem deutschen Markt heraus werden laut Daten des Marktführers Aida in diesem Jahr rund drei Millionen Touristen eine Hochseekreuzfahrt buchen. Die Nummer zwei hierzulande hinter Aida ist TUI Cruises. Deutschland ist damit der weltweit zweitgrößte Markt für Kreuzfahrtanbieter nach den USA.

Diese Entwicklung führt auch dazu, dass die Schiffe immer größer werden. Wie die Organisation Transport & Environment errechnet hat, haben sich Kreuzfahrtschiffe seit dem Jahr 2000 in der Größe mehr als verdoppelt. Würde sich dieses Wachstum bis zum Jahr 2050 in dieser Form fortsetzen, wären die Schiffe dann achtmal so groß wie die „Titanic“, die 1912 als weltgrößtes Passagierschiff nach der Kollision mit einem Eisberg im Nordatlantik versank.

Zugleich vergrößert sich die globale Flotte in Sprüngen: Waren es 1970 noch 21 Kreuzfahrtschiffe, hat sich diese Zahl bis zur Jahrtausendwende verzehnfacht. Und Ende 2024 fuhren 515 Kreuzfahrtriesen über die Meere. Dieses Wachstum hat Auswirkungen auf die Umwelt: Laut den Daten der Organisation sind die Kohlendioxidemissionen der Kreuzfahrt in den Jahren 2019 bis 2022 um 20 Prozent gestiegen. Immerhin wechseln die Reedereien vermehrt vom schmutzigen Bunkeröl zum Flüssigerdgas LNG, das rund ein Viertel weniger Kohlendioxid beim Verbrennen ausstößt. Knapp 40 Prozent aller Neubestellungen in der Kreuzfahrtindustrie verfügen über diese Antriebstechnik.

Auch die „MSC World America“ fährt mit einem LNG-Antrieb. Diese Motoren sind ebenso für das nahezu emissionsfreie Bio-Methanol oder synthetische Kraftstoffe geeignet. Allerdings muss es dafür erst ausreichend Produktionskapazitäten und Infrastruktur zum Auftanken geben. Zudem nutzen Kreuzfahrtriesen wie MSC in den Häfen Landstrom und schalten die Verbrennermotoren der Schiffe ab.

Der „Cliffhanger“ in 49 Metern Höhe

An Bord mögen für Kreuzfahrtgäste wohl andere Kriterien zählen, schließlich lockt die „MSC World America“ mit einem Freizeitangebot wie in einem kleinen Disneyland. Für Jahrmarkt-Fans dürfte die große Autoscooter-Bahn zum Selbstfahren eine Attraktion sein. Wer keine Angst vor Höhe hat, kann die Dimensionen des Schiffes von oben betrachten: An einer Bordwand ist eine rote Riesenschaukel montiert, „Cliffhanger“ genannt, auf der Kreuzfahrtgäste in 49 Meter Höhe über dem Fahrwasser hin und her schwingen und den Ausblick genießen können.

Gebaut ist die „MSC World America“, das 23. Schiff der Reederei, für den nordamerikanischen Tourismusmarkt. Details des Angebots an Bord lassen das erkennen: In einer Shopping-Meile der Süßigkeiten namens „Sweet Temptations“ (süße Versuchung) können Kreuzfahrer aus Dutzenden Läden wählen und ihre Lieblingsschokolade selbst machen. Ganz oben auf dem Schiff, auf der Promenade, zeigt die All-Stars-Sportsbar US-typische Sportarten, serviert dazu als Menu amerikanische Klassiker und bietet Spiele wie Darts oder Shuffleboard an. Eine bordeigene Brauerei verfügt über Bier-Neuheiten speziell für den amerikanischen Geschmack, eine gesonderte Bar hat Angebote ausschließlich für Bourbon-Liebhaber.

Der Bereich „The Loft“, ausschließlich für erwachsene Gäste, ist für Comedy-Shows, Klavierduelle und Karaoke-Abende reserviert. Im „World Theatre“ mit 1150 Plätzen werden „Dirty Dancing in Concert“ als Neuproduktion oder „Hall of Fame“, ein Pop-Konzert zu Ehren legendärer Musikstars, gezeigt. In der Panorama Lounge im Heck des Schiffes sind im „Cinesonic“ Filmsongs durch animierte Grafiken und Performances zu sehen.

In diesen Wochen ist der Neubau zu Testfahrten unterwegs. Die Übergabe an die Reederei MSC ist für Ende März in Frankreich vorgesehen. Die Taufe des Neubaus ist für den 9. April am neuen Kreuzfahrtterminal von MSC Cruises in Miami geplant – dem größten Terminal für Kreuzfahrer weltweit. Danach soll das Schiff auf Reisen in die Karibik gehen, Abfahrt- und Ankunftshafen ist Miami. Die Jungfernfahrt führt auch zum „Ocean Cay MSC Marine Reserve“ – der Privatinsel der Reederei auf den Bahamas.

Hier geraten die Riesenschiffe allerdings auch immer mal wieder an ihre Grenzen: Durch die wortwörtlich flachen Gewässer der Bahamas (spanisch „baja mar“ = „flaches Meer“) reichen mitunter leichter Wind oder Seegang aus, um das Anlegen auf der Insel zu verhindern. Die Folge: eine ersatzlose Streichung des Stopps und lange Gesichter bei den Reisenden.

MSC wagt sich mit dem neuen Schiff in den nordamerikanischen Tourismusmarkt hinein. Dominiert wird das Kreuzfahrtgeschäft dort von den beiden Weltmarktführern Carnival Cruises aus Miami und Royal Caribbean mit Sitz in Monrovia und Hauptzentrale in Miami.

Typisch für den US-Markt sind kurze Hochseereisen etwa mit sieben Übernachtungen. Die „MSC World America“ etwa fährt auf solchen Reisen ab Florida Häfen in der Dominikanischen Republik, Puerto Rico, Mexiko und Honduras an. Weitere Schiffsriesen sind im Bau: Für das Jahr 2026 ist die Auslieferung der „MSC World Asia“ geplant. Ein Jahr später folgt der nächste Neubau aus der „World Class“, der Name steht bisher nicht fest.

Birger Nicolai ist Wirtschaftskorrespondent in Hamburg. Er berichtet über Schifffahrt, Logistik, den Tankstellen- und Kaffeemarkt sowie Mittelstandsunternehmen.

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