Fünf Jahre auf den Tag genau ist es am Dienstag her, als die Bundesliga im 58. Jahr ihres Bestehens eine Premiere feierte: Sie erlebte ihr erstes Spiel mit leeren Zuschauerrängen – ihr erstes sogenanntes Geisterspiel. Borussia Mönchengladbach besiegte am 11. März 2020 daheim den 1. FC Köln 2:1.
Die Corona-Pandemie, die sich zu jenem Zeitpunkt andeutete, hatte für den Ausschluss der Fans gesorgt – und nur wenige Tage später für die vorübergehende Aussetzung der Bundesliga-Saison.
Doch nicht nur der Fußball kam im Frühjahr 2020 zum Stillstand, nahezu das komplette öffentliche Leben. Dank eines umfassenden Hygienekonzepts der Deutschen Fußball-Liga (DFL) konnte der Profi-Fußball damals aber frühzeitig Lösungen präsentieren. Trotz der Wiederaufnahme des Spielbetriebs ohne Zuschauer entbrannten hitzige Diskussionen, die Christian Seifert, damals Geschäftsführer der DFL, bis heute beschäftigen.
Kritik im Inland, Anerkennung im Ausland
Der 55 Jahre alte Seifert, Gründer und Gesellschafter von Dyn Media (gehört mehrheitlich der Axel Springer SE, bei der auch WELT erscheint), äußerte in einem Interview mit dem „Kicker“ Verständnis für die anfänglichen Maßnahmen. Doch später sei es zunehmend um Symbolik statt um sachliche Inhalte gegangen, was ihn enttäuscht und wütend gemacht habe. Manche Politiker hätten im Jahr 2020 etwa die Ausnahmeregelungen für den Fußball grundsätzlich kritisiert und mit falschen Behauptungen Stimmung gemacht. „Trotzdem wurde das von kaum jemandem hinterfragt, da fehlte einfach die Bereitschaft zum Tiefgang“, sagte Seifert: „So etwas wirkt bei mir bis heute nach.“
Von Seiferts Kritik angesprochen fühlen dürfen sich Verantwortliche der öffentlich-rechtlichen Medien („Viele Menschen hatten das Gefühl, dass die Berichterstattung mindestens am Anfang der Krise sehr einseitig war“) ebenso wie Meinungsmacher und Entscheider aus der Politik: „Selbst als wir dann ein funktionierendes Hygienekonzept hatten, saß etwa Frau Baerbock in einer Talkshow und hat Herrn Laschet, ich muss das leider so hart sagen, angegeifert nach dem Motto: Jetzt kommt die deutsche Fußball-Liga und kriegt eine Ausnahme.“ Der spätere Gesundheitsminister Karl Lauterbach habe gar suggeriert, der Profifußball würde „Krankenschwestern die Tests wegnehmen. Dabei hätte schon eine Google-Recherche gereicht, um zu erkennen, dass das einfach nicht stimmte.“
Während das DFL-Hygienekonzept international Anerkennung fand, habe sich Seifert im eigenen Land mit Neid und Widerstand konfrontiert gesehen. Er glaubt, dass die unzureichende Aufarbeitung der Corona-Zeit bis heute politische und gesellschaftliche Spuren hinterlässt: „Einiges von dem, was wir momentan in der öffentlichen Debatte sehen, was sich auch in den Wahlergebnissen niederschlägt, hat seinen Ursprung in der Corona-Zeit. Und darin, dass diese Corona-Zeit nicht aufgearbeitet wurde. Ich fürchte, wir sehen heute noch Bremsspuren davon.“
Zugleich vermisst Seifert heute wie damals „die ernsthafte Fragestellung: Was können wir alle gemeinsam für unser Land daraus lernen?“ Beispielsweise hätte das DFL-Hygienekonzept „durchaus auch auf Altenheime angepasst werden können. Doch danach hat kaum einer gefragt. Stattdessen wurde allzu oft die Neidkarte gespielt: Kinder dürfen nicht auf den Spielplatz, aber die Fußballmillionäre dürfen spielen.“
Dabei ging diese Rhetorik in Seiferts Augen an der Realität vorbei: „Es galt, eine existenzielle wirtschaftliche Krise zu bewältigen, in der rund 56.000 Arbeitsplätze betroffen waren, viele davon übrigens im Bereich der unteren und mittleren Einkommensgruppen. Diese Arbeitsplätze hingen davon ab, dass wieder Profi-Fußball gespielt wird. Das habe ich als meine Herausforderung und Aufgabe gesehen.“
Alle 36 Vereine der 1. und 2. Bundesliga in Solidarität zu vereinen, das habe „eine ganze Weile“ gedauert, erinnerte sich Seifert. Und lang hielt die Geschlossenheit auch nicht an. „Kaum hatten wir das Go, am 16. Mai wieder spielen zu dürfen, haben zwei Klubs über ihren Ministerpräsidenten versucht, Einfluss zu nehmen, um 14 Tage später anzufangen als erlaubt – weil die Trainer noch mal ins Trainingslager wollten. Spätestens da blieb einem dann wenig anderes übrig als Schulterzucken: Ein paar hatten es immer noch nicht verstanden.“
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