Die Freundschaft mit Uli Hoeneß ist noch intakt, das Verhältnis zum FC Bayern aber ist merklich abgekühlt: Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt wirkte als Vereinsarzt viele Jahre für die Münchner, mit dem aktuellen Zustand des Klubs kann er aber nur wenig anfangen.

Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt ist auf seinen langjährigen Arbeitgeber überhaupt nicht gut zu sprechen. Bis 2020 war der Star-Mediziner als Mannschaftsarzt für den FC Bayern tätig, nach mehr als 40 Jahren beendete er seine Tätigkeit dort und konzentriert sich seitdem auf seine Praxis in Münchner Innenstadt. Der 82-Jährige ist für viele Sportlerinnen und Sportler noch immer erster Ansprechpartner, wenn es darum geht, Blessuren und Verletzungen zu diagnostizieren und überwinden. Was Müller-Wohlfahrt selbst offenbar nur schwer überwinden kann: die Enttäuschung über seinen Abschied beim deutschen Fußball-Rekordmeister.

"Wissen Sie, wie oft ich von Bayernmitgliedern die Frage gehört habe, warum es keine Standing Ovations, keine Blasmusik, kein Abschiedsgeschenk, kein Essen, keine Geste gegeben habe?", fragt er im Gespräch mit der "Bild"-Zeitung rhetorisch und erklärt auch gleich, wie er damit umgeht: "Meine Reaktion darauf: Die Antwort kann nur der Verein geben." Anders als Fußballprofis, die den Klub verlassen, wurde der gebürtige Ostfriese nie offiziell verabschiedet. Durchaus erstaunlich, schließlich prägte der Mann mit dem wallenden Haar und dem Medizinkoffer das Bild des FC Bayern über lange Zeit.

Das ist jedoch nicht der einzige Groll, den Müller-Wohlfahrt zu hegen scheint. "Der FC Bayern war eine Familie", sagt er, "heute ist er aber mehr und mehr zu einem Großunternehmen geworden." Ihm fehle "die Identifikation zahlreicher Spieler mit dem Verein", so sein Gefühl. Zur alten Garde um FCB-Macher Uli Hoeneß ist die Beziehung indes noch intakt, da "besteht nach wie vor ein freundschaftliches Verhältnis". Den Verein habe er "als stiller Beobachter" weiterhin im Blick.

Der FC Bayern "war lange Jahrzehnte Teil meines Lebens. Ich habe mich mit dem Verein identifiziert und das Mia san Mia verinnerlicht. Durch mein Tun fühle ich mich als Teil der Geschichte, des Aufbaus und des Erfolgs", sagt der 82-Jährige, dem Sprintikone Usain Bolt nach seinen 100-Meter-Olympiasiegen 2012 und 2016 sogar seine Goldmedaillen gewidmet hatte. "Tief getroffen haben mich menschliche Enttäuschungen. Ich habe von mir aus die Vereinsarzttätigkeit beendet", blickt er auf den Sommer 2020 zurück, in dem er den FC Bayern verlassen hat.

Es war das Ende seiner zweiten Zeit an der Säbener Straße, nachdem es zuvor mit Trainer Pep Guardiola zum Eklat gekommen war. Im Frühjahr 2015 hatte Guardiola den Arzt nach der 1:3-Niederlage im Champions-League-Viertelfinal-Hinspiel beim FC Porto "vor versammelter Mannschaft zusammengeschrien und für die damals vielen Verletzten verantwortlich gemacht", wie die "Bild" schreibt. "Von der anwesenden Vereinsführung hätte ich mir aufgrund meiner Verdienste Rückendeckung erwartet", erinnert sich Müller-Wohlfahrt: "Ich hätte Schuld an der Niederlage, lautete der Vorwurf. Das ist doch absurd! Das konnte ich nicht akzeptieren." Am Tag danach trat er zurück und kam erst 2017 wieder, als Guardiola schon bei Manchester City angeheuert hatte.

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