Borussia Dortmund gehört zu den besten acht Mannschaften Europas. Gegen OSC Lille beweisen die Fußballer von Niko Kovac eine erstaunliche Widerstandsfähigkeit. Der Erfolg in der Champions League soll nun Kraft für den Bundesliga-Endspurt geben.

Nach fünf Minuten lag die schwarzgelbe Welt an diesem Mittwochabend in Trümmern. Borussia Dortmund lag beim OSC Lille mit 0:1 zurück. Torwart Gregor Kobel ließ einen eigentlich harmlos auf ihn zu rollenden Ball erst durch Finger und dann durch Beine flutschen. Der Keeper meinte, dass der Schuss leicht abgefälscht gewesen sei, auf den TV-Bilder war nicht zu erkennen. Der BVB war in diesem Moment raus aus der Champions League (nach dem Hinspiel stand es 1:1). Und was sollte jetzt noch passieren? Das Zutrauen in die Kraft des Ruhrpott-Giganten war in dieser Saison sehr geschwunden. Und in den vergangenen Tagen noch einmal mehr. Der BVB war im freien Fall. Und in Lille drohte dieser, sich ungebremst in die Bedeutungslosigkeit fortzusetzen.

Am Ende dieses Mittwochabends sah die Welt aber plötzlich ganz anders: Dortmunder Fußballer tanzten auf dem Rasen des Stade Pierre-Mauroy und freuten sich auf die nächste ganz große Aufgabe. Nachdem sie das Spiel gegen den OSC tatsächlich noch gedreht hatten (2:1 hieß es mit Abpfiff), mit überraschender Spielfreude und großer Widerstandskraft, nachdem sie in das Viertelfinale der Champions League eingezogen waren, wartet nun die derzeit vielleicht reizvollste und schwierigste Aufgabe im europäischen Fußball: Es wartet der FC Barcelona. "Wir sind auf jeden Fall der Underdog", sagte erleichterte Kobel, dessen Patzer nach den Toren von Emre Can und Maxi Beier nicht mehr ganz so schwer wog, "aber es gibt wenig Schöneres" als ein Duell Barça.

Gut für Überraschungen in alle Richtungen

Dass Borussia Dortmund dem Superteam von Supertrainer Hansi Flick wirklich etwas entgegenzusetzen hat, eine Sensation schaffen kann, das liegt Mitte März außerhalb jeder Vorstellungskraft. Aber was tut das nicht beim BVB? Wankelmut ist für diese Mannschaft ein fast schon zu niedlicher Begriff. Die Dortmunder sind nicht erst in dieser Saison unberechenbar. Gut für Überraschungen in alle Richtungen. Dass sie nun zu den acht besten Teams in Europa gehören, klingt angesichts des schlimmen Absturzes in der Bundesliga völlig absurd. Da war zuletzt sogar der FC Augsburg eine Nummer zu groß gewesen. Was den Fußballern eine knallharte Ansage von Boss Lars Ricken einbrachte und in den Medien Diskussionen über die Zukunft des Teams entfachte. Sogar geheime Streichlisten wurden veröffentlicht.

Und nun das: "Das ist ein richtig gutes Zeichen von Borussia Dortmund. Das zeigt, dass diese Mannschaft auch was kann", sagte der BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl. Da schwang auch ein bisschen Selbstvergewisserung mit, dass bei der Kaderplanung nicht alles schiefgelaufen war. So sorgte der im vergangenen Sommer verpflichtete Beier mal wieder für ein Ausrufezeichen. Dessen Entwicklung war nach seiner Zeit in Hoffenheim beim BVB ins Stocken geraten. Seine herausragenden Veranlagungen konnte er zu selten gewinnbringend einsetzen. Sein überragender Schuss zum 2:1 war vielleicht sein bislang größter und wichtigster Moment in Dortmund. Ebenfalls wichtig: Pascal Groß, der Mann, der aus der Tiefe kommt und organisieren soll. Der in Lille Bälle gewann und Torchancen hatte. Anders als Beier hatte Groß schon häufiger nachweisen können, warum er ins Ruhrgebiet geholt worden war. Eine zuverlässige Konstante war er allerdings auch noch nicht geworden.

"Und dann auch noch so ein sch … Gegentor"

Aber wer ist und war das schon in Dortmund in dieser Saison? Die Liste der verlässlichen Leistungsträger ist kurz, seit einigen Monaten nimmt Can dort den Spitzenplatz ein. Auch gegen Lille verdiente sich der Kapitän und Abwehrchef wieder gute Noten. War gegen den gehypten Superstürmer Jonathan David oft Sieger und ging auch im Spiel nach vorne voran. Übernahm beim Elfmeter nach einem Foul an Serhou Guirassy die Verantwortung, traf und baute sich danach vor den eigenen Fans auf. Can, der in Dortmund auch schon viele schlechte Phasen hatte und die Fans mit aberwitzigen Aktionen zur Verzweiflung brachte, ist derzeit der Anführer des BVB.

"Viele haben gedacht, wir werden heute hier scheitern. Und dann kriegen wir auch noch so ein sch … Gegentor. Das darf niemals passieren", sagte der beim hauseigenen Dortmunder TV-Sender. "Dann hast du Chancen und machst sie nicht rein." Vor allem in der ersten Halbzeit wurden beste Gelegenheiten vergeben, teilweise sogar kläglich. Groß ließ den Ausgleich frei vor Torhüter Lucas Chevalier liegen (17.), nachdem zuvor Rémy Cabella die große Chance auf das 2:0 verpasst hatte. Spielmacher Julian Brandt vergab in einer unübersichtlichen Szene zweimal (20.). Das Spiel war mutig, aber das Tor fiel nicht. Der BVB zeigte Zähne, biss aber noch nicht zu. Den Bann brach der Elfmeter von Can, allerdings war der durchaus glücklich. Denn Stürmer Guirassy nahm einen leichten Kontakt sehr dankbar an. "Am Ende hauen wir alles raus, sind intensiv. Großes Kompliment an die Mannschaft. Heute war es gut. Heutzutage kannst du nicht Fußball spielen ohne Intensität. Das war vor allem in der zweiten Halbzeit sehr, sehr gut."

Und diese Leistung soll nun auch in den Brot- und Butterwettbewerb gerettet und dort konserviert werden. Dort steht der BVB nur auf Rang zehn. Das Minimalziel, die erneute Qualifikation für die Königsklasse, ist schon sieben Punkte entfernt. "In der Bundesliga ist es ja nicht so, dass die Saison abgeschlossen ist. Deswegen würde ich noch nicht die weiße Fahne hissen wollen", sagte Kehl. Die Dortmunder spielen nun in Serie gegen die direkten Rivalen: am Samstag bei RB Leipzig und dann nach der Länderspielpause gegen den FSV Mainz 05 und beim SC Freiburg. Kehl sagt: "Wir haben die Möglichkeit, direkte Konkurrenten zu bespielen, Punkte zu sammeln, weiter ranzukommen. Das ist das Ziel."

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