Die von US-Präsident Donald Trump verhängten Beschränkungen für Auslandshilfe und die in Angriff genommene Zerschlagung der Entwicklungshilfebehörde USAID könnten Amerikas größtem Widersacher die Chance für einen Durchbruch bieten.
Von der USAID-Auflösung bis hin zum Austritt aus internationalen Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation – Trumps drastische „America First“-Maßnahmen haben bei Parlamentariern und Experten die Befürchtung geweckt, dass die USA ihren globalen Einfluss an ihre Rivalen abtreten und das zu einer Zeit, zu der sich Washington über wachsenden Einfluss Pekings auf Kosten amerikanischer Interessen aufregt.
Auslandshilfe war für die USA eine Quelle „weicher Macht“, die es ihnen ermöglichte, guten Willen zu zeigen, Allianzen aufzubauen und Gegnern entgegenzutreten, um die nationale Sicherheit zu stärken, ohne Truppen, Waffen oder andere härtere Maßnahmen einsetzen zu müssen.
Gegen das Einfrieren der Auslandsunterstützung durch die Regierung und die Maßnahmen gegen USAID wurden Klagen eingereicht. Einige der Maßnahmen wurden vorübergehend ausgesetzt.
Regierungsvertreter haben erklärt, es sei höchste Zeit, zu überprüfen, wie Amerika Geld im Ausland ausgibt. Die Frage, ob die USA China und Russland ermöglichen, ihren weltweiten Einfluss zu vergrößern, verneinte der nationale Sicherheitsberater Mike Waltz. Die Einsätze und Programme stimmten „allzu oft nicht mit den strategischen Interessen der USA überein, etwa dem Zurückdrängen Chinas“, sagte Waltz kürzlich im Sender NBC.
In Panama hat die Trump-Administration die Regierung dazu gebracht, aus dem chinesischen Projekt der Neuen Seidenstraße auszusteigen, Pekings Vorzeigeprogramm für globale Infrastruktur und wirtschaftliche Vernetzung. China hat die Entwicklung verurteilt.
Experten und Kongressmitglieder sind sich uneins über die Folgen des Rückzugs der USA aus der Auslandshilfe. „Die zweite Trump-Administration wird China sein Ziel erreichen lassen, größeren globalen Einfluss auszuüben“, sagt Feng Zhang, Gastwissenschaftler an der juristischen Fakultät der Universität Yale.
Der demokratische Senator Andy Kim ist aus demselben Grund besorgt. „China muss jetzt nicht einmal mehr um seinen Einfluss in der Welt kämpfen, wegen unseres eigenen Vorgehens“, sagte Kim kürzlich bei NBC.
In Kambodscha etwa stellte China 4,4 Millionen Dollar (4,2 Millionen Euro) zur Unterstützung der Minenräumung bereit, während Trump einen Zuschuss in Höhe von 6,3 Millionen Dollar einer Behörde des Außenministeriums stoppte, der zum Teil für die Beseitigung von nicht explodierten Kampfmitteln amerikanischer Herkunft aus dem Krieg in den 1970er Jahren gedacht war.
Der republikanische Abgeordnete John Moolenaar, der den Vorsitz des Sonderausschusses des Repräsentantenhauses für die Kommunistische Partei Chinas innehat, sagt indes, es könnte Zeit für eine Änderung der Auslandshilfe sein. „Wir werden herausfinden, was funktioniert hat und was nicht“, erklärt er. „Und wir können dann einen neuen Weg zur Förderung amerikanischer Interessen und amerikanischer Werte einschlagen und uns bewusst sein, was diese Werte sind.“
Dennis Wilder von der Initiative für Dialog zwischen den USA und China über globale Fragen an der Georgetown University sagt, globaler Einfluss gehe über Auslandshilfe hinaus. Die USA befehligten das mächtigste Militär der Welt und ihr Dollar dominiere das Finanzsystem.
Man solle „nicht für bare Münze nehmen, dass China bereit oder in der Lage ist, dort einzuspringen, wo die USA möglicherweise ein Vakuum hinterlassen“, findet Wilder. Die chinesische Botschaft in Washington erklärte, Peking sei „bereit, mit allen Ländern und Parteien, einschließlich den USA, zusammenzuarbeiten, um den Austausch und die Zusammenarbeit im Bereich der Entwicklung zu verstärken mit dem Ziel, die gemeinsame Entwicklung und den Wohlstand aller Länder zu fördern“.
China investiert 1,34 Billiarden Dollar in Entwicklungshilfe
Die USA und China – die wichtigsten Akteure in der globalen Entwicklung – wenden ihre Auslandshilfe unterschiedlich auf. Das meiste chinesische Geld wird auf Schuldenbasis ausgegeben und in der Regel für Energie- und Infrastrukturprojekte verwendet.
Das meiste US-Geld wurde als Zuschüsse oder Darlehen mit niedrigen oder ganz ohne Zinsen in Bereichen wie öffentliche Gesundheit und humanitäre Hilfe ausgezahlt, wie aus Unterlagen von AidData hervorgeht, einem internationalen Entwicklungsforschungslabor der William & Mary University im US-Staat Virginia.
In Peru beispielsweise halfen chinesische Gelder beim Bau des 1,3 Milliarden Dollar teuren Megahafens in Chancay, der im November während eines Besuchs des chinesischen Präsidenten Xi Jinping eröffnet wurde. Die US-Auslandshilfe für Peru wurde dagegen zur Finanzierung zum Anbau von Kaffee und Kakao als Alternativen zur Kokainproduktion verwendet.
Andernorts halfen US-Finanzmittel bei der Bekämpfung von Aids in Afrika, bei der Behandlung unterernährter Kinder im Südsudan und bei der Bereitstellung medizinischer Dienste in einer Einwandererunterkunft in Mexiko.
In Anerkennung der Tatsache, dass die USA handfeste Auslandsprojekte wie Häfen und Fabriken finanzieren sollten, richtete der Kongress 2018 eine Institution ein, die staatliche Mittel mit privaten Investitionen für Projekte wie die transafrikanische Eisenbahn in Angola kombiniert.
Insgesamt gab China zwischen 2000 und 2021 laut AidData 1,34 Billionen Dollar für fast 18.000 Entwicklungsprojekte in Übersee aus, im Durchschnitt etwa 61 Milliarden Dollar pro Jahr. Die USA haben zwischen 2001 und 2023 dem Forschungslabor zufolge 1,24 Billionen Dollar an Auslandshilfe ausgezahlt, Militärhilfe, eingeschlossen.
Strategie: Macht durch Wohlwollen
USAID, gegründet während des Kalten Krieges, um sowjetischem Einfluss entgegenzuwirken, ist der größte Einzelakteur der US-Regierung in der Auslandshilfe. Laut AidData wurden 2023 insgesamt 43,8 Milliarden Dollar ausgezahlt. Das entspricht weniger als einem Prozent der gesamten jährlichen Staatsausgaben.
Wegen der unterschiedlichen Arten der finanzierten Projekte sei es unwahrscheinlich, dass China einspringt, wenn sich die USA zurückziehen, sagt Samantha Custer, Direktorin für politische Analysen bei AidData. Peking gewinne aber trotzdem, weil es bei der Auslandshilfe um den Aufbau von Beziehungen und Wohlwollen gehe.
„Diese Länder beobachten die USA und wie sie mit ihren Partnern und ihren Beschäftigten umgehen“, sagt Custer. „Sie machen sich ein Bild davon, ob die USA ein verlässlicher Wirtschafts- und Sicherheitspartner sind. Und es gibt zunehmend Bedenken, dass wir das nicht sind.“ Das werde Pekings Darstellung stützen, ein verantwortungsvoller Partner und globaler Führer zu sein, und gleichzeitig Zweifel an den USA säen.
Die in New York ansässige Organisation China Labor Watch, die Arbeitsbedingungen und Praktiken wie den Einsatz von Zwangsarbeitern in China untersucht, ist zu etwa 90 Prozent auf Finanzierung aus den USA angewiesen. Der Stopp der Unterstützung habe die Gruppe gezwungen, die meisten ihrer Mitarbeiter in den USA zu entlassen oder in unbezahlten Urlaub zu schicken, sagt der Gründer der Arbeitsschutzorganisation, Li Qiang.
China biete sich jetzt eine strategische Chance als Alternative für Länder, die Investitionen ohne politische Bedingungen suchten, sagt Salvador Santino Regilme, ein außerordentlicher Professor für internationale Beziehungen an der Universität Leiden in den Niederlanden. „Die allgemeine Auswirkung des Einfrierens der US-Hilfe ist eine Rückkehr zur militarisierten Diplomatie, bei der die sanfte Macht zugunsten harter Zwangsmittel zurückgedrängt wird“, sagt er.
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